Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Schadstoffbeseitigung nach Havarieunfällen

Bei der Beseitigung der Ölschäden nach der „Prestige“ - Havarie vor der galizischen Küste 11/2002 wurde sehr deutlich, dass – neben den erheblichen organisatorischen Unzulänglichkeiten des Einsatzes von ca. 6000 freiwilligen Helfern zur Bewältigung des komplexen Schadensereignisses – die Unfallgefahren und langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen für die Helfer überhaupt nicht im Fokus des Interesses und der Verantwortung der für die Beseitigung der Ölschäden zuständigen Einrichtungen stand; (das ausgelaufene Öl hatte einen hohen Anteil hochtoxischen und bioakkumulierenden Stoffe; siehe M. Fernandez, Tankerunfall „Prestige“: ein Jahr danach; Greenpeace Deutschland, 18.11.2003).

In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom November 2003 „Sicherheit im Seeverkehr“ (P5_TA-PROV (2003) 0400) wurde festgestellt, dass über 1000 Helfer während der Reinigungsarbeiten sich in ärztliche Behandlung (insbesondere wegen Atemwegsbeschwerden, Hautreizungen und Vergiftungserscheinungen) begeben haben, ein Helfer wurde tödlich verletzt (von schwerem Gerät überfahren).

Der Grund für diese hohe Verunfallungszahl lag in erster Linie in der mangelhaften Einweisung in die Reinigungsarbeit vor Ort, fehlende Schulung, kaum vorhandene Organisation und der schlechten bzw. unzulänglichen Ausstattung der Helfer mit geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (hierzu u.v.a.: Risikoeinsatz Spanien: Helfer brauchen Hilfe, Feuerwehr Hamburg 08.01.2003).

Über die Auswirkungen auf die Gesundheit der beteiligten Helfer kann z.Zt. keine Aussage getroffen werden, weil die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Krankheiten sich erst nach einigen Jahren herausstellen.

Die „Exxon Valdez“ – Havarie in Alaska im März 1989 bietet belastbare Zahlen über Erkrankungen von Helfern, die bei der Beseitigung von Ölschäden eingesetzt worden sind. Nach Ermittlungen des National Institute of Occupational Safety and Health (NIOSH) haben sich von den etwa 15.000 freiwilligen Helfern die im Einsatz waren, (bis zum Jahre 2001) 6722 als Patienten wegen Atemproblemen in ärztlicher Behandlung befunden, festgestellt wurden bei 264 Atemwegserkrankungen, 34 Erkrankungen die auf Vergiftungen zurückzuführen sind, 19 Erkrankungen durch Schädigungen des Nervensystems; (siehe u.a.: K. Murphy, „Exxon Oil Spill’s Cleanup Crews Share Years of Illnes“, Los Angeles Times, November 5, 2001).

Die gesundheitlichen Gefahren und Gefährdungen für freiwillige Helfer bei einem Schadstoffbeseitigungsfall werden zunehmend in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gestellt. So fordert der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik des Europäischen Parlaments unter dem Eindruck der Erkenntnisse aus der „Prestige“-Havarie in einem Entwurf einer Stellungnahme für den Ausschuss für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr im Punkt 10 "die Schaffung eines Plans, um die freiwilligen Helfer zu schulen, ihren Einsatz bei den Entschmutzungsarbeiten zu koordinieren und sie - in Zusammenarbeit mit ihren Vereinigungen - mit einem echten europäischen Statut auszustatten, das ihnen Rechte und Garantien im Hinblick auf Gesundheitsschutz und ärztliche Begleitung verschafft" (PE 328.780 - 2003/2066 (INI) (vorläufig) vom 30. April 2003).