Containerumschlag im Hafenbereich unter besonderer Berücksichtigung der Seeschiffsassistenztätigkeiten, beteiligter Verkehrsträger und Diversifikationen in der Hafenwirtschaft

Einleitung

Das Forschungsvorhaben (F 995) wurde im Auftrag der BAuA, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin von 1996 -1998 durchgeführt. Die einzelnen Arbeitsschritte sind in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, der zuständigen Berufsgenossenschaft, dem Management und den Betriebsräten der beteiligten Hafenunternehmen in den Hafenstandorten Bremen und Hamburg durchgeführt worden. Weiterhin wurden in mehreren Fachkonferenzen und Workshops die Einzelergebnisse vorgestellt und diskutiert

1. Ziel des Vorhabens

Für die deutsche Hafenwirtschaft haben sich in den letzten Jahren zwei wesentliche Entwicklungen ergeben, die die Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekte der Arbeitsplätze wesentlich beeinflussen. Zum einen wurde zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen - unterstützt durch staatliche Förderung - eine Modernisierung der Seehafenbetriebe durchgeführt, hier vor allem die Entwicklung und Einführung neuer Umschlags- und IuK-Technologien im Containerumschlag. Zum anderen wurde 1996 das Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/391/EWG) und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien, das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) verabschiedet und damit auch die Arbeit in den deutschen Seehäfen wesentlich beeinflusst.

Im Rahmen der Modernisierung der Hafenarbeit wurden Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekte zwar berücksichtigt, jedoch immer nur partiell auf die jeweils von den technologisch-organisatorischen Änderungen betroffenen Arbeitsplätze. Beim dem VACU-Vorhaben wurden beispielsweise die Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekte des seefahrenden Personals und der Container-Lascher betrachtet, beim Vorhaben im Bereich der Seeschiffsassistenz die Arbeitsplätze von Festmachern und der Hafenaufsicht und beim ISETEC-Vorhaben Arbeitsplätze, die sich auf das landseitige Containerhandling beziehen. Eine umfassende Betrachtung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekte aller im Hafenbereich mit dem Containerumschlag Beschäftigten (Schiff, Hafen, Terminal, Verkehrsträger) wird mit diesem Vorhaben abgedeckt.

Mit der Sicherheit an den Arbeitsplätzen und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Hafen sind verschiedene Akteure befasst. Unternehmensintern sind es die vom Arbeitgeber entsprechend der nationalen Verordnungen und Gesetze beauftragten Sicherheitsfachkräfte und die betrieblichen Arbeitsschutzausschüsse. Extern befassen sich die Hafenaufsicht, die Gewerbeaufsichtsämter, die Ämter für Arbeitsschutz und die Berufsgenossenschaften mit der Überwachung nationaler und internationaler Vorschriften.

2. Forschungsgegenstand

Das Seehafenverkehrssystem gliedert sich auf in wasserseitige und landseitige Verkehre. Koordiniert wird der wasserseitige Hafenverkehr von der Hafenbehörde, die die notwendigen Informationen über einkommende und auslaufende Schiffe an die Seeschiffsassistenzunternehmen weitergibt. Wasserseitig erfüllt die Seeschiffsassistenz alle Verkehrsfunktionen, um den reibungslosen Ablauf aller Schiffsbewegungen sicher und schnell zu garantieren. Die Hauptaufgabe der Seeschiffsassistenz ist das sichere Manövrieren im Revier und im Hafenbereich sowie das Befestigen der Seeschiffe, diese Funktionen werden von privaten Hafenserviceunternehmen: Lotsendienste, Hafenschlepper und Festmacher wahrgenommen.

Den Terminalbetreibern obliegt die Überwachung und Steuerung der landseitigen Verkehre auf ihren Terminals. Sie haben Sorge zu tragen, dass die Umschlags- und Verladungsaktivitäten von Containern ohne Risiken und Gefährdungen durchgeführt werden.

3. Rechtliche Grundlagen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz

Die relevanten rechtlichen Grundlagen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sind das Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/391/EWG) und weitere Arbeitsschutz-Richtlinien; das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und das Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Im SGB VII ist der Präventionsansatz durch die Befassung der Berufsgenossenschaften mit dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit festgeschrieben. Im Arbeitsschutzgesetz ist die Partizipationsverpflichtung über die Pflichten und Aufgaben der Arbeitgeber und den Rechten und Pflichten der Arbeitnehmer geregelt.

Für ein Unternehmen sind gesunde Arbeitnehmer die entscheidende Ressource für Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit. Neben ihrem Wissen, ihrer Motivation und ihrer Kreativität ist auch ihre Leistungsfähigkeit durch geeignete Maßnahmen zu gestalten und zu fördern. Die sich daraus ableitende Fürsorgepflicht ist eine Nebenpflicht des Arbeitgebers. Sie beruht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und beinhaltet eine Vielzahl von Einzelpflichten, wie z.B. den Schutz von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber hat nach § 120 GewO seinen Betrieb so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt werden.

Nach § 2 Abs.1 des Gesetzes über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) sind Maßnahmen des Arbeitsschutzes „Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit“. Mit diesem Arbeitsschutzgesetz (BGBl. I 1996, Seite 1246) sind erstmals in Deutschland übersichtliche und einheitliche Grundvorschriften für den betrieblichen Arbeitsschutz geschaffen worden.

Die Unternehmen sind verpflichtet für jeden Arbeitsplatz Gefährdungsanalysen durchführen. Dem Arbeitgeber steht es frei, wie er die Überprüfung der Sicherheit von Arbeitsplätzen organisiert. Zweckmäßigerweise wird er die in seinem Betrieb vorhandenen Fachkräfte wie z.B. Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Sicherheitsingenieur, Betriebsrat, einen Vertreter der Personalabteilung und die jeweiligen Arbeitsplatzinhaber in das Verfahren einbinden. Bei mehr als 20 Beschäftigten muss ein Arbeitsschutzausschuss (§ 11 Satz 1 ASiG Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach der geänderten Fassung vom 7. August 1996 BGBl I S.1246) gebildet werden, der mit diesen Aufgaben zu betrauen ist.

Bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte nach § 7 ArbSchG, hat der Arbeitgeber die Beschäftigten zu befähigen - je nach Art der Tätigkeit - bei ihrer Aufgabenerfüllung die Bestimmungen und Maßnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu beachten und an ihrem Arbeitsplatz weiter zu entwickeln.

Eine sinnvolle betriebliche Arbeitsschutzpolitik ist nur möglich, wenn die Ergebnisse der Arbeitsplatz- und Gefährdungsanalysen als Entscheidungsgrundlagen schriftlich festgehalten werden (Dokumentationspflicht nach § 6 ArbSchG). Erst die Dokumentation der bei der Analyse festgestellten Sachverhalte ermöglicht Strategien gegen Gefahren und die Einleitung von Maßnahmen zur Beseitigung oder Reduzierung von Gefährdungspotentialen.

Die Verantwortlichen im Betrieb und die für die Überwachung zuständigen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen (Gewerbeaufsichtsämter, Berufsgenossenschaften) sind auf Unterlagen angewiesen, aus denen ermittelt werden kann, welche Maßnahmen zur Abhilfe getroffen worden sind und mit welchem Ergebnis die Überprüfung stattfand.

4. Empirische Erhebungen

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden mehrere empirische Erhebungen durchgeführt.

  • Tätigkeits- und Prozessanalysen in der Seeschiffsassistenz und im Containerumschlag
  • Gefährdungsanalysen - Gesundheit
  • Risikoanalysen - Unfall
  • Analyse der Aufgaben und Beziehungsstrukturen der überbetrieblichen Akteure im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Im Rahmen dieser Analysen wurden mehrere empirische Erhebungsinstrumente entwickelt, erprobt, modifiziert und angewandt. Für eine betriebliche Anwendung zur Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungs- und Risikoanalysen sind die beiden von der HSFG entwickelten Instrumente eingesetzt worden:

  • Gefährdungsbeurteilung - Gesund
  • Gefahrenbeurteilung - Unfall

In beiden Instrumenten wurden insgesamt ca. 40 Gefährdungs- bzw. Gefahrenkategorien als Untersuchungsvariablen herangezogen. Diese Kategorien sind 5 Hauptbereichen der Arbeitssituation zuzuordnen:

  • Arbeitsumgebung (z.B. Lärm, Klima, Gefahrstoffe)
  • Arbeitsplatz/Arbeitsmittel (z.B. Beschaffenheit von Arbeitsmitteln, Ausstattung des Arbeitsplatzes)
  • Arbeitsorganisation (z.B. Arbeitstempo/Leistungsdruck, Isolation am Arbeitsplatz, Komplexität der Arbeitsaufgabe)
  • Arbeitstätigkeit (z.B. einseitige Muskelbelastung, eintönige/monotone Arbeit, Konzentrationsanforderungen)
  • Arbeitszeit (Schicht- und Nachtarbeit, Bereitschaftszeiten)

Untersucht wurden insgesamt 19 Tätigkeiten in den Untersuchungsfeldern Seeschiffsassistenz und Containerterminal, die auf der Basis der Prozess- und Tätigkeitsanalysen identifiziert wurden. Im einzelnen sind dies folgende Tätigkeiten:

Hafentätigkeiten

Gerätefahrer

  • Van Carrier-Fahrer
  • Containerbrücken-Fahrer
  • Zugmaschinen-/Trailer-Fahrer
  • Transtainer-/Constacker-Fahrer
  • Reachstacker-/Rahmenstapler-Fahrer

Aufsichten und Checker

  • Checker Schiff (Kaje)
  • Checker Schiff (Kabine)
  • Checker/Aufsicht Bahn
  • Checker Gate
  • Brückenaufsicht/Einweiser Land
  • Einweiser Deck/Signalmann

Container-Packstationen

  • Stapler-Fahrer
  • Arbeiter

Lascher

  • Lascher Land
  • Lascher Deck

Tätigkeiten in der Seeschiffsassistenz

  • Festmacher Schleuse
  • Festmacher Kaje
  • Festmacher Boot/Dalben
  • Matrose/Decksmann

Die Bewertungen der gesundheitlichen Gefährdungen durch die einzelnen Gefährdungskategorien wurden anhand einer „Fünfer-Skala“ vorgenommen. Die Skalenwerte orientieren sich an dem von der WHO in der „Ottawa-Charta“ (1986) definierten Gesundheitsbegriff.

Bewertungsskala

1. keine Belastung/keine Beeinträchtigung des Wohlbefindens/keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen

2. geringe Belastung/lästig und unangenehm/Gesundheit nicht beeinträchtigt

3. mittlere Belastung/Beeinträchtigung des Wohlbefindens/Gesundheit leicht beeinträchtigt

4. hohe Belastung/erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens/langfristig Gesundheitsschäden erwartbar

5. sehr hohe Belastung/starke Beeinträchtigung des Wohlbefindens/hohes gesundheitliches Risiko

Bei der Gefahrenbeurteilung - Unfall wurde das Instrumentarium erweitert. Die Bewertungen der Unfallrisiken durch einzelnen Gefahrenkategorien wurde in drei Bereiche differenziert:

  • Unfallrisiko durch die "Arbeitstätigkeit selbst"
  • Unfallrisiko durch "Andere"
  • Unfallrisiko für "Andere"

Diese Differenzierung wurde deshalb vorgenommen, weil es zum einen eine gesetzliche Vorgabe für diese Vorgehensweise gibt. So haben sich nach § 15 Abs.1 ArbSchG alle Beschäftigten um die „Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen (haben), die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind“. Zum zweiten macht eine prozessorientierte Betrachtung der Unfallgefährdungen diese Herangehensweise zwingend notwendig. Und zum dritten wird auf diese Weise der Beschäftigte bei der Selbstanalyse seiner eigenen Gefährdung aufgefordert, sich mit den vor- und nachgelagerten Tätigkeiten, bzw. den dort durch ihn evtl. gefährdeten Kollegen zu befassen.

5. Ergebnisse der empirischen Forschung

Hafenarbeit stellt sich in der Regel nicht so dar, wie industrielle Arbeit, in der es zwischen Tätigkeit, Arbeitsplatz und Arbeitsperson Identitäten gibt. D.h. in der industriellen Arbeit sind die Belastungen sowie die Gesundheits- und Unfallgefährdungen, die für einen Arbeitsplatz oder eine Tätigkeit festgestellt werden, in der Regel auch konkret für eine Arbeitsperson als Gesamtbelastung oder Gesamtgefährdung zu interpretieren, weil die Arbeitspersonen an festen Arbeitsplätzen oder mit festen Tätigkeiten beschäftigt sind.

In der Hafenarbeit ist ein Wechsel der Tätigkeit bzw. der Arbeitsplätze innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vorhanden. Abhängig von der Qualifikationsbreite der Hafenarbeiter und dem arbeitsorganisatorischen Modell in den einzelnen Hafenunternehmen sowie dem konkreten Arbeitsanfall wechseln die Hafenarbeiter ihre Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens. Der inhaltliche Aspekt des Tätigkeitswechsels wird durch das jeweilige Qualifikationsprofil begrenzt, der zeitliche Aspekt durch den Arbeitsanfall und das vorhandene Arbeitsorganisationsmodell.

Hinsichtlich der Belastungen sowie der Gesundheits- und Unfallgefährdung hat dieser „universelle“ Einsatz der Hafenarbeiter eine besondere Bedeutung. Die Belastungen, die Gesundheits- und Unfallgefährdung, die für einzelnen Tätigkeiten festgestellt wurden, können nicht als Gesamtbelastung oder Gesamtgefährdung auf eine Arbeitsperson bezogen werden. Vielmehr stellt sich die Gesamtbelastung oder Gesamtgefährdung eines einzelnen Hafenarbeiters immer als Produkt der Belastungen und Gefährdungen aus allen von ihm durchführbaren Tätigkeiten dar, wobei der zeitliche Aspekt des Einsatzes in den einzelnen Tätigkeiten ebenfalls Berücksichtigung finden muss.

Eine Reduzierung von Belastungen und Gefährdungen des individuellen Hafenarbeiter kann konkret dadurch erfolgen, dass bei unterschiedlicher Belastungsstärke oder Gefährdungsstärke in den einzelnen Tätigkeiten ein gezieltes „job rotation“ erfolgt. Ganzheitlich ist eine Belastungs- bzw.. Gefährdungsreduzierung allerdings nur dadurch zu erreichen, dass bei allen Tätigkeiten Belastungen und Gefährdungen soweit wie möglich reduziert werden.

Gefährdungsanalyse -Gesundheit

Über alle untersuchten Tätigkeiten hinweg ergeben sich durch fünf Gefahrenfaktoren für eine Mehrheit der Tätigkeiten mindestens mittlere gesundheitliche Gefährdungen. Diese fünf Faktoren sind:

  • klimatische Bedingungen (für 18 Tätigkeiten relevant als gesundheitliche Gefährdung)
  • Unfallgefährdung (13 Tätigkeiten)
  • Arbeitstempo/Leistungsdruck (15 Tätigkeiten)
  • Beschaffenheit von Arbeitsmitteln (16 Tätigkeiten)
  • Schichtarbeit/Nachtarbeit. (16 Tätigkeiten)

Bei den Faktoren, die für die gesundheitliche Gefährdung in der Hafenarbeit insgesamt die größte Bedeutung besitzen, finden sich drei Faktoren auf der Ebene der psychischen Belastungen und zwei Faktoren auf der Ebene der physischen Belastung.

Gefahrenbeurteilung - Unfall

Für präventive betriebliche Maßnahmen sind die Gefahrenfaktoren von Bedeutung, von denen ein "sehr hohes" bzw. ein "hohes Unfallrisiko" ausgeht, unabhängig davon, ob dieses Risiko eine oder mehrere/viele Arbeitstätigkeiten betrifft. Nach der vorliegenden Untersuchung sind in der Hafenarbeit insgesamt 5 Gefahrenfaktoren identifiziert worden, die ein "sehr hohes" Unfallrisiko darstellen und 12 Gefahrenfaktoren, von denen ein "hohes" Unfallrisiko ausgeht.sehr hohes Unfallrisiko

  • prozessbezogene Kooperationserfordernisse
  • Lage und Abmessung des Arbeitsplatzes
  • bewegte Transport- und Arbeitsmittel
  • ungeschützte und unkontrollierte bewegliche Teile
  • herabfallende, umstürzende Gegenstände

hohes Unfallrisiko

  • Beleuchtung
  • Klima
  • Arbeitstempo/Leistungsdruck
  • Zugänglichkeit Arbeitsplatz
  • Transport- und Verkehrswege
  • Beschaffenheit von Arbeitsmitteln und Arbeitsobjekten
  • Körperhaltung bei der Arbeit
  • Störungen/Prozessunterbrechungen
  • Stoffe/Gefahrstoffe
  • eintönige Arbeit/Monotonie
  • physikalische Einwirkungen, Schwingungen, Vibrationen etc.
  • schwere körperliche Arbeit

Folgenden Veränderungen in der Hafenarbeit, werden Auswirkungen auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz besitzen.

In den Seehäfen wird die Arbeit im Umschlag zunehmend in Teamarbeit organisiert (z.B. BLG Containerterminal, Autoverladung, Bremerhaven (wasser- und landseitig); T ollerort C ontainer T erminal, Hamburg; Stauerei Buss, Kuhwerder, Hamburg).

Es entstehen neue Beanspruchungen für ältere Arbeitnehmer. In vielen Hafenbereichen ist das Durchschnittsalter der Beschäftigten hoch (BLG Bremerhaven, 48 Jahre/ begründet aus dem jahrelangen Einstellungsstop), arbeitserleichternde organisatorische oder technische Hilfen werden kaum eingesetzt. Die betriebliche Strategien bestehen überwiegend darin, möglichst viele „ältere Arbeitnehmer“ gleitend aus dem Arbeitsprozess herauszulösen.

Arbeitsplatzunsicherheit ist eine latente Belastung für die Beschäftigten. In den Hafenunternehmen haben in den letzten Jahren massive Personalfreisetzungen stattgefunden, deren weitere Entwicklung nur schwer voraussehbar ist. Für viele Beschäftigte in den Hafenbetrieben stellt die „allgemeine Unsicherheit in Sachen Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen“ eine tatsächlich empfundene arbeitsplatzübergreifende Belastung dar.

Umschlagarbeit ist in logistische Zusammenhänge eingebettet. Die Schnittstellen zwischen Schiffstransport und Hafenumschlag stellen logistische Anforderungen durch die Verknüpfung verschiedener Ebenen. Die Verbindung zwischen den Teilsystemen „Schiff“ und „Terminal“ besteht häufig aus einer Transportkette mit mehreren aufeinander bezogenen Arbeitsbereichen (z.B. Autotransport).

Neue Güterstrukturen erfordern zusätzliche Kompetenzen. Neue Güterstrukturen, die sich z.T. aus der verringerten Fertigungstiefe der produzierenden Industrien begründen, bedingen neue Arbeitsaufgaben. Zu deren Bewältigung werden neue Qualifikationen benötigt.

Qualifikationsentwicklung. Für die Beschäftigten im, dem Umschlag nachgeordneten, Bereich (Kommissionierung; Distribution etc.), sind Ansätze zur Weiterbildung nur rudimentär vorhanden. Qualifizierungsprozesse im Hafenumschlag erfolgen naturwüchsig. Die Aneignung der im Arbeitsprozess benötigten Qualifikationen erfolgt überwiegend in arbeitsplatznahen Lernprozessen.

6. Ausblick - Handlungsansätze für einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz

Für eine effiziente betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutzstrategie ist die Bereitschaft zu einer engen Kooperation der betrieblichen und überbetrieblichen Akteure unabdingbar.

So bietet z.B. das SGB VII die Möglichkeit, das Instrument der Gefährdungsanalysen (Gesundheitsbericht) in Kooperation mit den Berufsgenossenschaften, arbeitsmedizinischen und -wissenschaftlichen Einrichtungen, Krankenkassen, staatlichen Überwachungseinrichtungen zu entwickeln und auszubauen.

Das Ziel einer solchen Kooperation ist die Entwicklung einer gemeinsamen Aufklärungs- und Interventionsstrategie zur Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen.

Kooperative betriebliche und überbetriebliche Handlungsroutinen können nur dann auf der betrieblichen Ebene dauerhaft funktionieren, wenn die Gefährdungsanalysen partizipativ mit kompetenten Arbeitnehmern erstellt werden.

Betriebliche Organisationsmodelle (Gesundheitszirkel) zum Arbeits- und Gesundheitsschutz müssen die Arbeitnehmerbeteiligung in geeigneter Weise gewährleisten. Die Arbeitnehmer müssen befähigt werden, sich ihrer Rolle als verantwortlicher Akteur im persönlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz bewusst zu sein.

Die Entwicklung eines neuen Arbeits- und Gesundheitsschutzsystems als qualitativer Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur hängt jedoch ganz wesentlich von der Einstellung der Führungsebene zum Produktionsfaktor Arbeit ab.

Für eine beteiligungsorientierte Analyse arbeitsbedingter Gesundheitsprobleme und Defizite im Arbeitsschutz sind betriebliche Gesundheitszirkel oder -Gruppen die geeignetsten Organisationsmodelle.

Angesichts der vielfältigen und sehr unterschiedlichen betrieblichen Rahmenbedingungen in der Hafenwirtschaft ist es nicht möglich, ein konkretes Modell von Gesundheitszirkeln zu präferieren. Bei bereits vorhandenen Teamstrukturen sind diese für die konkrete Arbeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu nutzen.. Sinnvoll ist es immer, einheitliche Regeln zu finden, nach denen die unterschiedlichen Akteure bewerten und gestalten können.

Gesundheitszirkel sind keine Einrichtungen, die die Probleme chronisch Kranker o.ä. bearbeiten oder Krankenrückkehrgespräche organisieren. Gesundheitszirkel befassen sich mit der Prävention von physischen und psychischen Erkrankungen durch die Gestaltung der Arbeitsplätze, der Arbeitsorganisation, der Arbeitsumgebung, der einschlägigen Arbeitnehmerschulung und des Unternehmensklimas.

Folgende Phasen sind bei der Durchführung von betrieblichen Gesundheitszirkeln zu berücksichtigen:

  • Klärung der Rahmenbedingungen
  • Planungsstadium
  • Arbeitsstadium
  • Umsetzung

Vor der Einrichtung von Gesundheitszirkeln sollte eine Bestandsaufnahme der arbeitsbedingten Gefahren und Gefährdungen vorliegen. Da von den Beschäftigten eine Umsetzung der Zirkelarbeitsergebnisse erwartet wird, ist die Umsetzungsphase von entscheidender Bedeutung. Von einer Einrichtung eines Gesundheitszirkels ist Abstand zu nehmen, wenn die Umsetzung nicht angestrebt wird. Der Arbeitsschutzausschuss oder der Arbeitskreis Gesundheit sollte daher unter Beteiligung der Beschäftigten einen Umsetzungsplan festlegen.

Dieser Umsetzungsplan muss Fristen enthalten und Verantwortlichkeiten festlegen. Für diese Arbeit ist die Möglichkeit der externen Unterstützung durch geeignete arbeitswissenschaftliche Institutionen, Krankenkassen, BG’s oder Gewerbeaufsichtsämter zu erwägen. Die Gesundheitszirkel können nur dann präventiv wirken, wenn sie in ein umfassendes Sicherheits-Managemet-System eingebunden werden. Deshalb ist es unumgänglich, das zwischen allen Akteuren auch innerhalb der einzelnen Gruppen z.B. Betriebsrat, Beschäftigte, Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Gewerbeaufsicht kontinuierlich Abstimmungsprozesse laufen.

Bezogen auf die rechtlichen Grundlagen und die sich daraus ergebenden Aufgaben der zuständigen Fachaufsichten ist für die Hafenwirtschaft eine Koordinierung der unterschiedlichen Zuständigkeiten eine sinnvolle Möglichkeit, die evtl. auftretenden Mehrfachbehandlungen und Informationsdefizite zu vermeiden. Durch eine koordinierende Instanz bzw. durch eine neue Form der Organisation seitens der administrativen Hafenverwaltung ließen sich die Qualität des Verwaltungshandelns, Problemfelder bei der Zusammenarbeit zwischen Administration und Unternehmen, Kooperationsbeziehungen, Kooperationsstrukturen und die Informationsbeziehungen effektiver gestalten.

Im Interesse aller Beteiligten sollten für die Hafenadministration und den Hafenbetrieben also eindeutige Verhältnisse geschaffen werden. Bei der hohen Gewichtung der Bedeutung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für die gesamte Hafenwirtschaft wäre es für alle Seiten sinnvoll, eine Koordinierungsinstanz zur Wahrung der Belange aller Akteure zu schaffen. Auf Seiten der Hafenadministration müssten alle Behörden und Ämter, die sich direkt mit der Problematik des Arbeits- und Gesundheitsschutzes befassen, in der Koordinierungsinstanz vertreten sein. Die Hafenunternehmen erhielten dadurch eine bessere Verfügbarkeit von kompetenten Ansprechpartnern in der Hafenadministration.