Presse

Markt, Wochenzeitung für Bad Oldesloe, Reinfeld und Umgebung, von Samstag, 10. September 2011
"Der gute Geist von Trenthorst"

 
Trenthorst (ka). Bölck boomt, nicht nur in der Oldesloer Kulturszene. Der Margarinefabrikant Friedrich Bölck hat der Stadt Wenzel-Hablik-Kunst beschert und in diesem Sommer große Unterhaltung. Das Ensemble „Bad Oldesloe macht Theater” hat ihm ein Stück gewidmet. Der Unternehmer Bölck steht für soziales Denken und vorbildliche Arbeitsbedingungen. Dafür wird er in Trenthorst verehrt, eine Emailletafel „Verteilstelle Bölck” gehört nun zum Grundstock einer Ausstellung, die im ehemaligen Familiensitz der Bölcks, heute Verwaltungsgebäude des Instituts für Ökologischen Landbau, entstehen soll

Solche Emailleschilder sind beliebte Sammlerobjekte, nun hat der Trenthorster Förderverein eins für seine Bölck-Sammlung. Fotos: K. Hilmer

Dr. Jürgen Lange übergibt seinen Fund als Dauerleihgabe an der Fördervereinsvorsitzenden des Öko-Instituts Fritz Wodarz und den Institutsleiter Gerold Rahmann.
Von 1928 bis 1936 lebte die Familie Bölck im Herrenhaus Trenthorst, 2000 Hektar Land und vier Güter gehörten ihr in der Umgebung. Friedrich Bölck prägte das Interieur des Hauses, das heute noch im Verwaltungsgebäude des Ökoinstituts beeindruckt. Herrschaftlich sind die Spanntapeten, große Art-déco-Leuchter, viel Marmor, Glasmalerei in den Fenstern des Vestibüls, die das Wirken des progressiven Unternehmers darstellen.
Anders, viel moderner erscheint sein Kontor in Bad Oldesloe. Auch dort ist Bölcks Handschrift zu erkennen, zum Beispiel in der Wandmalerei von Wenzel Hablik: modern, hell, schlicht, in leuchtenden Farben - Kunst am Arbeitsplatz. Denn Bölck wird in Trenthorst und Bad Oldesloe nicht wegen seines Geschmacks und Kunstsinns verehrt. Die Kunst am Arbeitsplatz steht für eine unternehmerische Haltung, die die Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt.
„Der Unternehmer Bölck hat nachhaltig gewirtschaftet, ressourcenschonend und sozial verantwortungsbewusst”, sagt Dr. Jürgen Lange, der sich mit der Geschichte des Oldesloer Fabrikanten beschäftigt hat und auf diesem Wege auf die Versteigerung des Bölck-Schilds im Internet gestoßen ist. Da hat er schnell zugegriffen und das begehrte Sammlerstück als Dauerleihgabe an den Förderverein des Instituts für Ökologischen Landbau übergeben.
Als Vorstandsvorsitzender der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft liegt Langes Augenmerk auf Bölcks Umsetzung revolutionärer arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse des beginnenden 20. Jahrhunderts. Große Kontorräume, hohe Tische, gemeinsames Arbeiten prägten die Bölcksche Arbeitswelt. Zu seiner Glanzzeit während der Weimarer Republik beschäftigte der Oldesloer bis zu 5000 Angestellte. Er baute ein einzigartiges Vertriebssystem auf. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ging das Unternehmen in die Brüche. Der Hamburger Sozialforscher sieht darin auch politische Ursachen. „Seine innovative Arbeitsstruktur passte nicht zur nationalsozialistischen Ideologie”, so Lange. Im Herrenhaus Trenthorst traf sich die Friedensgesellschaft. Friedrich Bölck hat sie finanziell unterstützt.
Der Förderverein des Ökologischen Instituts will nun aus dem „Sammelsurium” aus dem Bölck-Nachlass, unter anderem Fotos, landwirtschaftliche Geräte und neu das Schild der ehemaligen Bölck-Vertriebsstelle, eine Dauerausstellung und Veranstaltungen zu seinem Wirken etablieren. „Das Haus hat eine Bölck-Geschichte”, so Prof. Dr. Gerold Rahmann, Leiter des Instituts, „Bölck ist hier wie ein guter Geist.”


Hamburger Abendblatt, von Donnerstag, 8. September 2011
Ein Emailleschild zu Ehren Friedrich Bölcks
Hamburger Forscher überlässt Institut für Ökologischen Landbau 90 Jahre altes Stück

Westerau: Stolz hält er das grüne Emailleschild in der Hand. Jürgen Lange von der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft hat das bald 90 Jahre alte Stück im Internet ersteigert. Er forschte nach traditionsreichen Unternehmen und stieß auf das Reklameschild für die Margarine des Fabrikanten Friedrich Bölck. Der hatte 1928 das Gut Trenthorst-Wulmenau vom Hamburger Kaufmann Friedrich Thörl erworben, lebte dort zeitweise und öffnete es für die Deutsche Friedensgesellschaft um General Paul von Schoenaich.
Lange: "Bölck war ein erfolgreicher Unternehmer mit einem ausgeprägten sozialen Engagement." Und: "Er hat sich schon früh mit modernen wissenschaftlichen Methoden beschäftigt." So habe er etwa die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse der Ergonomie, die 1919 in Polen entwickelt worden waren, in den 20er- und 30er-Jahren in seiner Margarine-Produktion eingesetzt. Ein Aspekt waren große Räume für die Kontorarbeit sowie große Arbeitstische, sodass Teamarbeit möglich wurde. Lange: "Methoden, die bei den Nazis außer Mode kamen und erst in den 70er-Jahren wieder aufgegriffen wurden." Die Nationalsozialisten forcierten auch den Verkauf des Gutes durch Bölck an die Tabakdynastie Reemtsma 1936.
Das Schild soll im Institut einen Ehrenplatz erhalten.
Heute beheimatet das Gut Trenthorst-Wulmenau das Institut für Ökologischen Landbau. Aber noch heute zeugen einige Glasfenster in der Eingangshalle vom ehemaligen Hausherrn Friedrich Bölck. "Auch ein privates Fotoalbum von Bölck mit Aufnahmen der Inneneinrichtung des Gutshauses und weitere historische Dokumente haben wir hier", sagt Gerold Rahmann, Leiter des Instituts für Ökologischen Landbau. "Das Schild wird im Institut einen Ehrenplatz erhalten und neben den Glasfenstern aufgehängt", so Friedrich-Carl Wodarz, Vorsitzender des Fördervereins des Instituts.
"Ich bin froh, dass das Schild hier einen würdigen Platz erhält", sagt Lange, der das Emailleschild dem Förderverein überlässt. "Es handelt sich um ein wertvolles Sammlerstück. Es ist quasi wie eine blaue Mauritius."
Bislang haben Wodarz, Lange und Rahmann keine konkreten Pläne für eine Ausstellung über Friedrich Bölck. Wodarz: "Aber der Förderverein wird sicher bald einen Vortragsabend machen. Dafür sind die Herren Lange und Rahmann schon gebucht."(tjo)


Stormaner Tageblatt, von Donnerstag, 8. September 2011
"
Im Trenthorster Herrenhaus soll ein kleines Museum entstehen"

"Der Unternehmer und Friedensaktivist Friedrich Bölck erlebt momentan eine wahre Renaissance", freut sich Friedrich-Carl Wodarz, Vorsitzender des Trenthorster Fördervereins. Er deutet auf die sechs bunten Fensterbilder, die der erfolgreiche und sozial eingestellte Margarine-Fabrikant in den 30er Jahren in das Herrenhaus des heutigen Instituts für ökologischen Landbau einsetzen ließ.
Das weiß getünchte Haus kaufte Friedrich Bölck im Jahre 1928 von seinem Unternehmerfreund Friedrich Thörl aus Hamburg und lebte darin bis 1936 mit seiner Familie. "Bölck hatte vier Güter mit insgesamt 4000 Hektar Land. Eins davon war hier in Trenthorst, wo er seinen Lebensmittelpunkt und Stammsitz hatte", erklärt Institutsleiter Professor Dr. Gerold Rahmann. Im Herrenhaus traf sich die Deutsche Friedensgesellschaft um Paul von Schoenaich. Bölck unterstütze sie nicht nur finanziell. Ein Fotoalbum mit Bildern der Inneneinrichtung aus der Weimarer Zeit befindet sich bereits als Leihgabe im Herrenhaus, hinzu kommt jetzt ein altes Reklameschild. "Verteilungsstelle Marke Bölck" steht dort in gelber Schrift auf grünem Grund. Dr. Jürgen Lange, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft, hat es im Internet ersteigert und übergab es jetzt dem Förderverein.
Mit diesen beiden wertvollen Stücken sowie diversen anderen Alltagsgegenständen aus der "Ära Bölck" möchte der Institutsleiter ein kleines Bölck-Museum einrichten, das während der Dienstzeiten auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Ein Vortrag über das Leben des berühmten Stormarners ist für kommendes Jahr ebenfalls in Planung.
Jürgen Lange gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er das Leben des legendären Fabrikanten Revue passieren lässt: "Bölck war sehr sozial engagiert und ein Großunternehmer mit humanitären Ansatz". Er war seiner Zeit weit voraus und setzte in seinen Kontoren die damals sehr innovativen Arbeitsumgebungs- und Arbeitsorganisationskonzepte durch. Die "Ergonomie", die Arbeitswissenschaft, war erst 1919 entwickelt worden. Bölck zeigte sich offen dafür und schaffte in seinem Unternehmen freistehende Tische, bunte Tapeten und Wandmalereien an, die vom Künstler Wenzel Hablik ausgeführt wurden, sowie eine Art "Teamstruktur". "Dem Unternehmenskonzept lagen sehr moderne Ziele wie innovative Logistikkonzepte und nachhaltige Produktionsprozesse gepaart mit hoher sozialer Verantwortung zugrunde", erklärt Dr. Lange. Bölck habe seine mehr als 5000 Angestellten dazu angehalten, selbstständig zu denken und zu handeln und klare Ziele vor Augen zu haben.
Da er Engagement mit Geschäftstüchtigkeit zu verbinden wusste, funktionierte er unter anderem das Herrenhaus Borstel zu einem Erholungsheim für Kinder seiner Mitarbeiter und Kunden um, wobei diese im Rahmen seines Rabattsystems Berechtigungsscheine erwerben konnten.
Als Sozialist und Pazifist war Bölck im NS-Staat Anfeindungen ausgesetzt. "Bölck musste mit diesen außerordentlich modernen Ansichten bei den Nazis scheitern", sagt Wodarz.
"Bölck ist hier unser guter Geist", sagt Rahmann und fühlt sich verbunden mit dem alten Hausherren des Trenthorster Gutes. Da Bölck auch mehrere Plantagen in den deutschen Kolonien besaß, vermutet er, dass seine Kolonialverwalter damals in der einzigen deutschen Kolonialschule in Witzenhausen bei Kassel ausgebildet wurden. Rahmann studierte dort an der einzigen Uni für ökologischen Landbau und lehrt dort inzwischen. "Damit schließt sich der Kreis", so der Institutsleiter.

Erinnern an den legendären Unternehmer: (v. li.) Friedrich-Carl Wodarz, Dr. Jürgen Lange und Professor Gerold Rahmann präsentieren das alte Werbeschild "Marke Bölck". Foto: Schlüter-Hürdler


Märkische Oderzeitung, vom 20.08.2011
„Bauern brauen Bio-Kraftstoff“
. Von Eva-Martina Weyer

Woltersdorf (MOZ) Genossenschaften in der Landwirtschaft sind manchem verpönt. Dennoch wollen Landwirte im Amt Gartz eine Genossenschaft gründen. Sie soll eine Produktionsstätte zur Energieerzeugung aus Bio-Abfällen betreiben. Darüber haben sich Landwirte und interessierte Bürger verständigt.
Die Idee für die Genossenschaft geht zurück auf das „Regionale Entwicklungskonzept für das Amt Gartz“. Landwirte haben es mit wissenschaftlicher Begleitung durch Jürgen Lange von der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft erarbeitet.
Ziel sind verbesserte Lebensbedingungen im schwach besiedelten Amt Gartz, in dem fast jede Familie auf ein Auto angewiesen ist und die meisten Berufstätigen zur Arbeit pendeln müssen.
„Wenn wir die Menschen in der Region halten wollen, müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, hier leben zu können, und zwar kostengünstiger als dort, wohin sie pendeln“, machte ?Jürgen Lange die Anforderung deutlich. Der öffentliche Personennahverkehr sei für die Bürger nicht so gut zu nutzen. Sie bräuchten weiterhin das Auto.
Landwirte und interessierte Bürger streben deshalb ein unabhängiges System der Treibstoffversorgung an. Es soll die Mobilität in der Region über Biotreibstoff decken.
Erreicht werden soll die Versorgung mit Biosprit durch die Nutzung der regional vorhandenen Biomasse, die hier ausreichend anfällt. Dazu zählen vor allem Energiepflanzen, Gülle, Mist und Bioabfall. Es ist noch Zukunftsmusik, aber Landwirte und einige Enthusiasten haben folgenden Plan: In Gartz und Casekow könnten Mehrstoffzentren aufgebaut werden, die das Abfallaufkommen der Region zur Energiegewinnung nutzen und von Landwirten beliefert werden.
Es soll ein Versorgungsnetz mit Tankstellen für Biotreibstoff und Solartankstellen aufgebaut werden. Dienstleistungsfahrzeuge, private Pkw und landwirtschaftliche Maschinen werden auf Treibstoff aus erneuerbaren Energien umgestellt. Eine Art Pendlerzentrale als Dienstleistungszentrum wird aufgebaut.
Landwirt Uwe Granzow aus Woltersdorf ist ein starker Verfechter dieses Konzeptes und hat mit Gleichgesinnten einen ?Verein gegründet, um das Projekt anzuschieben. Granzow sagt: „Alles das können wir ohne Uckermärkische Dienstleistungsgesellschaft und ZOWA nicht verwirklichen.“
Als interessierter Bürger hatte der Casekower Zahnarzt Dr. Hans-?Georg Goetzke an der Diskussion teilgenommen. Er war sehr angetan von den Ideen, gab aber zu, ihn würden auch ethische Fragen dabei plagen: „Dass wir bei den Hungersnöten in dieser Welt Getreide zur Energiegewinnung nutzen, damit habe ich ein Problem.“
Jürgen Lange versuchte zu beruhigen: „Wir gehen davon aus, dass wir die Anlage ohne Maissilage betreiben können.“
Landwirt Peter Preuß von der Agrarproduktion Blumberg gab gern zu: „Ich bin froh, dass es die Biogasanlage Penkun gibt. Dort werde ich mein Zeug wenigstens los.“
Uwe Granzow hatte zu Beginn des Abends gewarnt: „Eine Diskussion nach dem Motto: ,Das geht sowieso nicht‘ ist nicht geplant.“ Das Amt Gartz solle mit diesem Projekt als Musterkommune eingeführt werden.
In der Sache waren sich die meisten Teilnehmer auch einig. Der Verein verteilte Aufnahmeanträge und treibt das Projekt weiter voran.


Mit Klärwerkresten in die Zukunft
Märkische Oderzeitung vom Freitag, 05. März 2010
Von Stephan Klingbeil

Casekow (MOZ) Landwirte aus dem Amt Gartz machen sich für die Zukunft ihrer Region stark. Mit alternativen Energien wollen sie Zeichen setzen. Vor einer Woche gründete sich der Unterstützerverein Regionales Entwicklungskonzept (REK) Amt Gartz. Eine knappe Mehrheit stimmte auch der Amtsausschuss der Idee zu.
Bei den Gartzer Wirtschaftsgesprächen in der vorigen Woche hat Uwe Granzow vom genossenschaftlichen Landwirtschaftsbetrieb Woltersdorf noch nicht zu viel verraten wollen. Der gerade gewählte Vereinsvorsitzende war froh, dass man das "sensible" Projekt nun auf den Weg gebracht hat. Im Konzept gehe es um umweltschonende Mobilität und Energien, die aus lokalen Stoffkreisläufen gewonnen werden sollen.
Dabei würden alle Formen erneuerbarer Energien einbezogen. Im Fokus stehe Biogas und dessen Nutzung - auch als aufbereitetes Gas - unter anderem zur Nutzung in Fahrzeugen. Das Biogas soll dabei aus tonnenweise kommunalen, organischen Reststoffen, so etwa aus Grünschnitt oder aus Klärwerken, erzeugt werden.
Ferner will man Sonnenenergie auf landwirtschaftlichen Gebäuden gewinnen. "Die Initiative möchte ein unabhängiges Treibstoffversorgungssystem aufbauen, um in der Region den gesamten Mobilitätsbedarf mit regional produziertem Bio- und Solartreibstoff wirtschaftlich und ökologisch zu betreiben", erklärt Jürgen Lange von der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft beim Wirtschaftstreffen. Mit Agrarberater Gerd Hampel aus Eberswalde hatte er das Konzept weiterentwickelt.
Lange zufolge sei schließlich der Aufbau von sogenannten Energetischen Mehrstoffzentren geplant. Solche vielfältig nutzbaren Energiezentren würden vor allem Energie für die Region bereitstellen. Mehrstoffzentren sollen in Gartz und Casekow an den Standorten der Kläranlagen entstehen. In Casekow stehe das leer stehende Gebäude der LPG Pflanzenproduktion als erster Standort fest.
Die Biogastankstellen und Solartankstellen würden ebenfalls in der Region angesiedelt. Die Umstellung privater Fahrzeuge, und des öffentlichen Nahverkehrs sowie landwirtschaftlicher Maschinen auf Betriebsmittel aus erneuerbaren Energien ist ein wichtiges Ziel innerhalb des Konzepts.
"Wir haben dieses REK am 19. Februar 2010 in einer interministeriellen Runde in Potsdam vorgestellt und Unterstützungszusagen von Landwirtschafts- und Umweltministerium bekommen", betont Granzow. Auch der Amtsausschuss Gartz, dem das Vorhaben auf seiner nächsten Sitzung vorgestellt werden soll, hat sich vorigen Montag - wenn auch knapp mit fünf zu vier Gegenstimmen bei einer Enthaltung - dafür ausgesprochen, dem Verein keine Steine in den Weg zu legen.
In dem neuen Verein engagieren sich derzeit vier Landwirtschaftsbetriebe verschiedener Rechtsformen. Er stehe allen Interessenten aus dem Amt Gartz offen. Der Verein will in dieser ersten Phase informieren, weitere Mitstreiter gewinnen und finanzielle Mittel beschaffen. Die hat die Initiative auch nötig. Um das gesamte Vorhaben möglichst in drei Jahren umzusetzen und entsprechende Firmen gründen zu können, benötigt man laut Lange und Granzow Investitionen in Höhe von zwölf bis 15 Millionen Euro.
"Für die beteiligten Landwirte steht die Wertschöpfung vor Ort im Vordergrund, ebenso die Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Bausubstanzen", erklärt Granzow. "Sie wollen nicht nur Rohstoffe liefern, sondern die regionale Entwicklung mitgestalten" Deshalb unterstütze man Vorschläge von Lange und Hampel. Im Rahmen des Bundeswettbewerbs Bioenergieregionen war vor ein paar Jahren unter Federführung der beiden Wissenschaftler das Konzept für das Amt Gartz entstanden. Dieses Konzept scheiterte in der Endrunde. Jetzt wird versucht, es mit Hilfe des Unterstützervereins umzusetzen.
Ein wesentlicher Grund für die Verwirklichung des REK bestehe darin, die durch den "demographischen Wandel und der Abwanderung junger Einwohner aus der Region" begründeten Verlust der kulturellen und sozialen Identität zu stoppen", so Granzow. Durch entwicklungsfähige Initiativen wie das REK, erhalte die ländliche Bevölkerung Chancen zur nachhaltigen Gestaltung ihrer Region."Nicht zuletzt wird der Landwirt seiner sozialen Verantwortung gerecht", erklärt der Woltersdorfer. "Und wenn man feststellt, dass es möglich ist, mit solchen Konzepten auch sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen, Ausbildungsplätze, höherwertige Produktion oder ein Alleinstellungsmerkmal für die Region zu schaffen, ist es ja auch nicht verkehrt."


"Hauptsache pünktlich ausliefern" - Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe bilanziert.

BAuA Pressemitteilung 46/06, vom 5. September 2006

Hauptsache pünktlich ausliefern Die Arbeitssituation der rund 700.000 Fahrer im Speditionsgewerbe muss dringend verbessert werden. Denn im Transportgewerbe werden gesetzliche Regelungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit oft ignoriert oder als Wettbewerbshindernis betrachtet. Werden sie umgangen, führt dies auf kurze Sicht zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen. Auf Dauer greifen aber schlechte Arbeitsbedingungen die Gesundheit der Fahrer an und erhöhen ihr Unfallrisiko. Zu diesen Ergebnissen kommt der Forschungsbericht 1056 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Die Hamburger Sozialforschungsgesellschaft e.V. führte diese Bilanzierung im Auftrag der BAuA durch. Grundsätzlich gelten für alle Unternehmen im Logistikmarkt die Bestimmungen zum Arbeitsschutz. Die besondere Struktur der Branche macht die Durchsetzung solcher Regelungen aber schwierig bis aussichtslos: 55 Prozent der Unternehmen im Transportgewerbe sind Selbstfahrer oder Kleinstunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten. Insbesondere bei den selbst fahrenden Unternehmern verschlingen die Kernaufgaben "Fahren" und "Auftragsakquise" fast die gesamte Arbeitszeit. Es bleibt wenig Zeit, sich dem betrieblichen Arbeitsschutz zu widmen. Prävention entfällt vollständig. So haben die Berufsgenossenschaften Probleme, ihre Versicherten überhaupt zu erreichen: Die Zielgruppe ist ständig "auf Achse". In neuerer Zeit sind Termin- und Qualitätsanforderungen an die Speditionsdienstleistung gestiegen. Dabei verschiebt sich die Schnittstelle zwischen Transport und Produktion ins Unternehmen hinein, zum Beispiel durch die Anlieferung von Vorprodukten "just in time". Klein- und Kleinstunternehmen sind auf diese Weise vertraglich an Großunternehmen gebunden. Entsprechende Abhängigkeiten manifestieren sich beispielsweise in drohenden Konventionalstrafen. Die nun vorliegende Studie analysiert zunächst die Situation des Speditionsgewerbes und setzt die hier durch umfangreiche Quellenanalyse gewonnene Branchenübersicht in Beziehung zu Informationen, die aus Interviews mit Managern, Disponenten, Fahrern und auch Betriebsräten gewonnen wurden. Ergänzt durch Expertengespräche mit Vertretern von Verbänden und Berufsgenossenschaften und eine Auswertung von Unfallzahlen und Gesundheitsstatistiken entsteht so ein detaillierter Überblick über gesundheitliche Risiken und Beanspruchungen der Fahrer. Dieser Gefährdungsbeurteilung stellen die Autoren die Anwendung und Durchsetzbarkeit von bestehenden gesetzlichen Regelungen gegenüber. Ihr Ziel ist es, Strategien für einen besseren Arbeitsschutz zu ermitteln. Der Befund ist ebenso klar wie pessimistisch: Wohlbefinden, Sicherheit und Gesundheit sind entscheidende Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit der Fuhrunternehmen. Eine Politik ihrer Stärkung genießt jedoch wenig Aufmerksamkeit. Häufig liegt die Verantwortung beim einzelnen Fahrer und konkurriert oft mit dem Freiheitsideal des "harten Truckers".

Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund/Berlin, Fb 1056 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzdefizite im Speditionsgewerbe"; J. Lange, J. Groth; 116 S.; ISBN 3-86509-390-6; Euro 13,50. Zu beziehen beim Wirtschaftsverlag NW, Postfach 10 11 10, 27511 Bremerhaven, Tel.: 0471/945 44 61, Fax 0471/945 44 88.


"Bundesanstalt fordert bessere Arbeitsbedingungen für Berufsfahrer"
Verkehrs-Rundscha, 05. September 2006


Bundesanstalt fordert bessere Arbeitsbedingungen für Berufsfahrer
Zu lange Lenk- und Ruhezeiten: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sieht Gefährdung für Gesundheit und Sicherheit Dortmund. Die Arbeitssituation der rund 700.000 Fahrer im deutschen Speditionsgewerbe muss nach Ansicht von Experten dringend verbessert werden. So lautet die Kernforderung einer am heutigen Tag in Dortmund veröffentlichten Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Demnach werden im Transportgewerbe gesetzliche Regelungen und Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz oft ignoriert oder als Wettbewerbshindernis betrachtet. "Werden sie umgangen, führt dies auf kurze Sicht zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen. Auf Dauer greifen aber schlechte Arbeitsbedingungen die Gesundheit der Fahrer an und erhöhen ihr Unfallrisiko", heißt es in der Studie, die von der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft e.V. erarbeitet wurde. Eine Gefährdung für Gesundheit und Sicherheit entstehe vor allem durch lange Lenk- und Arbeitszeiten. So arbeite mehr als die Hälfte der Fahrer über 60 Stunden pro Woche. Eine weiteres Risiko sehen die Experten in den geringen Zeitreserven für die Beladung, die Transportsicherung und eine Fahrzeugkontrolle. Auch müsse häufig in den Ruhezeiten be- und entladen werden. Folge seien unter anderem gestiegene Unfallzahlen: So habe die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden und der Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen zwischen 1992 und 2000 um 12,8 Prozent zugenommen.
Grundsätzlich würden für alle Unternehmen im Logistikmarkt die Bestimmungen zum Arbeitsschutz gelten. Die besondere Struktur der Branche mache die Durchsetzung solcher Regelungen aber schwierig bis aussichtslos, schreiben die Autoren. So seien 55 Prozent der Unternehmen im Transportgewerbe Selbstfahrer oder Kleinstunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten.
Die Autoren der Studie forderten die Spediteure auf, auf die Einhaltung der Vorschriften zu achten, vor allem bei den Lenkzeiten. Auch sei eine korrekte Entlohnung wichtig. Die Experten sprachen sich darüber hinaus für eine Ausbildung von Berufskraftfahrern aus. Derzeit sei oftmals lediglich ein entsprechender Führerschein nötig, um Berufsfahrer zu werden. (dpa/tz)
Artikel erschienen am 05. September 2006


"Bundesanstalt für Arbeitsschutz fordert bessere Arbeitsbedingungen für Berufsfahrer".
LKW-Handel, vom (VR), 05.09.2006


Bundesanstalt für Arbeitsschutz fordert bessere Arbeitsbedingungen für Berufsfahrer Die Arbeitssituation der rund 700.000 Fahrer im deutschen Speditionsgewerbe muss nach Ansicht von Experten dringend verbessert werden Nach einer Meldung von "VerkehrsRundschau.de" vom 5. September 2006 laute so die Kernforderung einer am heutigen Tag in Dortmund veröffentlichten Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Demnach würden im Transportgewerbe gesetzliche Regelungen und Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz oft ignoriert oder als Wettbewerbshindernis betrachtet. "Werden sie umgangen, führt dies auf kurze Sicht zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen. Auf Dauer greifen aber schlechte Arbeitsbedingungen die Gesundheit der Fahrer an und erhöhen ihr Unfallrisiko", heiße es in der Studie, die von der Hamburger Sozialforschungsgesellschaft e.V. erarbeitet worden sei. Eine Gefährdung für Gesundheit und Sicherheit entstehe vor allem durch lange Lenk- und Arbeitszeiten. So arbeite mehr als die Hälfte der Fahrer über 60 Stunden pro Woche. Eine weiteres Risiko sei für die Experten in den geringen Zeitreserven für die Beladung zu sehen, die Transportsicherung und eine Fahrzeugkontrolle. Auch müsse häufig in den Ruhezeiten be- und entladen werden. Folge seien unter anderem gestiegene Unfallzahlen: So habe die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden und der Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen zwischen 1992 und 2000 um 12,8 Prozent zugenommen. Grundsätzlich würden für alle Unternehmen im Logistikmarkt die Bestimmungen zum Arbeitsschutz gelten. Die besondere Struktur der Branche mache die Durchsetzung solcher Regelungen aber schwierig bis aussichtslos. So seien 55 Prozent der Unternehmen im Transportgewerbe Selbstfahrer oder Kleinstunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten. Die Autoren der Studie hätten die Spediteure aufgefordert, auf die Einhaltung der Vorschriften zu achten, vor allem bei den Lenkzeiten. Auch sei eine korrekte Entlohnung wichtig. Die Experten hätten sich darüber hinaus für eine Ausbildung von Berufskraftfahrern ausgesprochen. Derzeit sei oftmals lediglich ein entsprechender Führerschein nötig, um Berufsfahrer zu werden.


"Die Welt", 09.03.1999, S.38 / Hamburg Wirtschaft
"Teamarbeit für die großen Container-Terminals"
Hamburger Sozialforscher modernisieren Kommunikationskultur der Hafenwirtschaft
Von Khosrow Nosratian


HSFG ist das Kürzel für die "Hamburger Sozialforschungsgesellschaft". Seit zehn Jahren stecken Jürgen Lange, Gerd Kessel, Jens Groth und Bernd Stehrenberg ihre Köpfe zusammen, um arbeitswissenschaftliche Forschungsprogramme zu entwickeln. Schon in den Studienzeiten an der Hochschule für Wirtschaft und Politik waren sie mit Medienprojekten am Hans-Bredow-Institut zur Zuschauerforschung oder zum Start des Kabelfernesehens befasst. Die ökonomischen Aspekte des Medienstandortes Hamburg führten die über den zweiten Bildungsweg an der Hochschule tätigen Studenten zu engen Kontakten mit der Arbeitswelt, der sie durch ihre Berufsausbildung als Kaufleute, Elektriker und Feinmechaniker bereits verbunden waren. Thema Arbeitswelt: Ihr haben sich die Soziologen zunächst in Verbundprojekten mit mehreren Auftragnehmern verschrieben. In Lübeck begleiteten sie die Reorganisation des öffentlichen Personennahverkehrs mit einer repräsentativen Befragung. In Hamburg haben sie die Einführung des „Frauennachttaxis“ durch die wissenschaftliche Untersuchung des Nutzungsverhaltens flankiert. Im Zuge des „Aufbaus Ost“ wurden sie ehemaligen VEB-Kombinate auf das neuartige Anforderungsprofil westlicher Dienstleistungsbetriebe ausgerichtet. Ein schmerzhafter Klimawechsel vom ideologischen Konformismus zur persönlichen Kompetenz: Von der Basisbuchhaltung bis zur Spitzentechnologie musste die verschlafene Nischengesellschaft umgeschult werden. Seit einigen Jahren hat sich der Forschungsschwerpunkt auf die Innovationstechnologien der heimischen Seewirtschaft verlagert. In einem dichten Netz von Initiativen wird die Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Häfen einer Generalinventur unterzogen. Dabei hat sich die strikte Sozialforschung zur vermittlerorientierten Mentorrolle gemausert. Denn die Debatte um den Einsatz neuer Technologien erfordert veränderte Bewertungsmaßstäbe. Tradierte Sozialverträglichkeitsklauseln müssen alternativen Konzepten weichen, die von allen Beteiligten ein nachhaltiges Umdenken verlangen. Die betrieblichen Akteure - vom Management bis zum Hafenarbeiter, vom Ingenieur bis zum Betriebsrat - werden in gemeinsamen Projektgruppen vereint. Die Beratung in Organisations- und Personalfragen ist zur Hauptaufgabe der HSFG geworden. Die norddeutschen Hafenunternehmen waren weltweit die ersten, die die aus der Automobilindustrie bekannte Idee der Teamarbeit für Terminals aufgegriffen haben. Man hat begonnen, feste Teams in ständiger Zusammenarbeit zu bilden. Kooperation statt Konkurrenz – ein Training, das Partnerschaft bis in die sprachlichen Ausdrucksformen übt. Trotz Arbeitsstreß, Zeitnot und Aufgabenstau will man den Wechsel von der Anordnung zur Vereinbarung schaffen. Die Vorteile: Motivation, Qualität und Verantwortung wachsen deutlich. Der Qualifikationsschub vertieft die betrieblichen Bindungen. Durch die Einrichtung der Teamsitzung hat sich die Kommunikation entwickelt. Man bleibt am Thema und konzentriert sich auf ergebnisorientierte Lösungswege. Gert Kessel vertritt die Strategie einer situativ angepassten Sondierung. Denn in den Schulungen, Tagungen und Workshops, die er vor Ort mit den Hafenarbeitern veranstaltet, drängen die konkreten Fragen auf praxisnahe Antworten. Die Aufgabe, in ein autoritär geprägtes Milieu flache Hierarchien einzufahren, stößt auf strikte Sozialisationsbarrieren. „Rollenspiele wie in den psychologischen Handbüchern gibt es hier nicht, dafür bekäme man eins auf die Nuß“, erklärt Kessel unverblümt.